Ist die Gasprüfung alle zwei Jahre bei Wohnmobil und Wohnwagen Pflicht?
Die Gasprüfung speziell für Halter von Wohnmobilen schlägt derzeit besonders hohe Wellen. Grund dafür ist eine neue Richtlinie für die Hauptuntersuchung (HU) von Campingfahrzeugen, herausgegeben vom Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur (BMVI). Braucht es nunmehr überhaupt keine Prüfung mehr für die Gasanlage des Wohnmobils? Und wie sieht es überhaupt beim Wohnwagen aus? GOK schafft mit diesem Beitrag Klarheit.
Update Juni 2024
Endlich herrscht Klarheit dank eines neuen Paragrafen in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO). Der Paragraf 60 „Flüssiggasanlagen in Fahrzeugen“ sagt nun klar aus, dass Flüssiggasanlagen in Wohnmobilen und Wohnwagen alle zwei Jahre von einem Sachkundigen nach G 607 zu prüfen sind. Alle relevanten Infos hat der Branchenverband DVFG übersichtlich zusammengefasst.
Zu der Neuerung sei gesagt: Für den wirklich allergrößten Teil der Camper ändert sich nichts. Nahezu alle Betreiber von Campingfahrzeugen sind trotz der unklaren Rechtslage auch in der Zwischenzeit turnusgemäß zur Gasprüfung gefahren. Warum? Weil es eine überschaubare Investition in die dauerhafte Sicherheit der Insassen, aller Verkehrsteilnehmer und sämtlicher Nachbarn auf dem Campingplatz ist.
So war´s bei Wohnmobilen…
Für Wohnmobile war seit jeher klar geregelt: Kann der Halter bei der HU keine aktuelle Prüfbescheinigung über die Gasanlage nachweisen, quittieren das TÜV und DEKRA mit einem erheblichen Mangel. Das heißt für den Camper: Gasprüfung und HU nochmals machen.
So ist es jetzt bei Wohnmobilen!
Das BMVI hat die grundsätzliche Mangelbewertung nun überarbeitet. Demnach gilt der fehlende Nachweis über die Gasprüfung nicht mehr als erheblicher Mangel. TÜV und DEKRA dürfen nun also theoretisch eine neue Plakette bei der HU des Wohnmobils vergeben. Und das auch selbst wenn der Halter seit Jahren keine Gasprüfung hat durchführen lassen und – im schlimmsten Fall – die Gasanlage nicht mehr sicher ist. Wie erwähnt: So zumindest die Theorie.
Als Begründung für diesen Schwenk bei der Mangelbewertung führt das BMVI an, dass die bislang bei der Gasprüfung verwendeten Messgeräte nicht den Anforderungen der HU-Richtlinie entsprechen. Bis 2023 will man die Anforderungen an die verwendeten Messgeräte und Prüfer näher beschrieben haben. Bis dahin ist es nominell so, dass die erfolgreich bestandene HU des Wohnmobils losgelöst ist vom Nachweis der sicheren Gasanlage des Sachkundigen nach G 607.
Dokumentationspflicht
Das heißt aber wiederum nicht, dass die Gasanlage bei der HU komplett außen vor ist. Hat die Gasanlage einen Mangel, hält das der HU-Prüfer auch definitiv fest. Sobald der Mangel schwarz auf weiß steht und der Camper das ignoriert, wackelt der Versicherungsschutz bedenklich.
Riskantes Spiel
Und apropos Versicherungsschutz! Selbst wenn die erfolgreiche HU nun losgelöst ist vom Nachweis der erfolgreichen G 607-Prüfung, fordert eben jenes Arbeitsblatt G 607 nach wie vor die Gasprüfung nach spätestens zwei Jahren. Und das ist übrigens auch die Maßgabe für Versicherungen.
Das heißt: Das erfolgreiche Bestehen der G 607-Prüfung ist immer noch enorm wichtig für die Gültigkeit des Versicherungsschutzes. Etwas deutlicher formuliert heißt das für den Camper: Verzichten Sie in Zukunft auf die turnusmäßig fällige Gasprüfung, riskieren Sie Ihren Versicherungsschutz.
Update 14. August 2020
Seit einiger Zeit hat der TÜV SÜD ein klares Statement auf seiner Website in den FAQs veröffentlicht (Bitte zum Fragenblock „FRAGEN ZUR HAUPTUNTERSUCHUNG VON WOHNMOBIL, WOHNWAGEN UND ANHÄNGER“ scrollen): https://www.tuvsud.com/de-de/branchen/mobilitaet-und-automotive/hauptuntersuchung/faq-zur-hauptuntersuchung.
Eine wichtige Zeile als Auszug im Wortlaut: „Zum Zeitpunkt der HU muss eine noch gültige Gasprüfung vorliegen, bzw. kann die Gasprüfung zusammen mit der HU von TÜV SÜD durchgeführt werden.“
Das heißt: Im Gegensatz zur eingangs beschriebenen Theorie gemäß Vorgaben des BMVI, handhabt es der TÜV SÜD in der Praxis anders und vergibt nur eine gültige HU-Plakette, wenn der Halter die erfolgreich bestandene Gasprüfung nachweisen kann.
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Mehr InformationenWie ist´s beim Wohnwagen?
Blicken wir auf die Gasprüfung beim Wohnwagen. Bei den Anhängern war es seit jeher so, dass eine nicht durchgeführte oder nicht bestandene Gasprüfung als „geringer Mangel“ galt. Die Prüfplakette gab es also auch, selbst wenn die Gasanlage über Jahre hinweg kein Sachkundiger zu Gesicht bekommen hat.
Mal abgesehen davon, dass GOK diese Praxis bei weitem nicht unterstützt und für risikoreich hält, fährt das Gros der Camper ihren Wohnwagen dennoch regelmäßig zur Gasprüfung. Warum? Zunächst einmal denken wir, dass viele Camper gesunden Menschenverstand walten lassen und schlichtweg eine Risikoabwägung machen.
Keine Gasprüfung bedeutet: Potenziell unerkannte Gefahren bei der Nutzung der Gasanlage. Für einen überschaubaren finanziellen Aufwand gibt es dank G 607-Sachkundigem Sicherheit und Gewissheit.
Update 14. August 2020
Aus einer Stellungnahme des TÜV SÜD an das renommierte Magazin Camping, Cars & Caravans geht klar hervor, dass auch beim Wohnwagen die Gasprüfung Pflicht ist. Ein entscheidender Auszug im Wortlaut: „Der Halter wird deshalb darüber informiert, dass ohne Prüfung der Gasanlage der Heizung keine HU durchgeführt wird.“
Detaillierte Infos dazu finden Sie auf der Website des Magazins Camping, Cars & Caravans: https://www.camping-cars-caravans.de/news-termine/news/neues-bei-der-gaspruefung/
Drei Gründe für die Gasprüfung
Wem die verbriefte Sicherheit für sich, seine Lieben und Mitmenschen nicht Motiv genug ist, den dürfte das Argument mit dem fehlenden Versicherungsschutz überzeugt haben. Wie auch künftig beim Wohnmobil ist es schon immer beim Wohnwagen so: Wer ohne gültigen Nachweis über den ordnungsgemäßen Zustand der Gasanlage fährt, riskiert den Versicherungsschutz des Fahrzeugs.
Zudem kann es Campern passieren, dass sie ohne gültigen Nachweis der Gasprüfung gar nicht auf den bevorzugten Campingplatz dürfen. Mittlerweile achten einige Stellplatzbetreiber verstärkt auf die Prüfbescheinigung. Sie machen es zur Bedingung, um überhaupt die Schranke zum Campingplatz passieren zu dürfen – egal ob mit Wohnmobil oder Wohnwagen.
Apropos, egal ob Wohnmobil oder Wohnwagen: Nach EU-Richtlinie 2014/45/EU vom 03. April 2014 ist die Überprüfung der Gasanlage vorgeschrieben und somit geforderter Bestandteil der HU. Und diese EU-Richtlinie gilt übrigens für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhägern, das heißt: Für Wohnmobil und Wohnwagen!
Einschätzung von GOK und betroffener Stellen
Das Gros der Camper ist unserer Meinung nach sehr verantwortungsbewusst und weiß, dass der Umgang mit der Energieform Flüssiggas nicht gefährlich ist, solange man gewisse Spielregeln beachtet und gesunden Menschenverstand walten lässt.
Wer sich nun über die Neuerung bei Wohnmobilen freut und alle zwei Jahre die circa 50 Euro für die Gasprüfung spart, spart am falschen Ende. Aber auch dann denken wir nicht, dass in den kommenden Jahren eine Vielzahl von „tickenden Zeitbomben“ durch die Gegend fährt. Aber: Selbst ein Unfall aufgrund mangelnder Sorgfalt oder falsch interpretierter Sparneigung, kann vor dem Richter gravierende Folgen haben.
Der unabhängige Reise- und Wohnmobil-Blog Campofant hat es unserer Meinung nach auch sehr gut und unaufgeregt zusammengefasst. Klare Leseempfehlung: https://campofant.com/gaspruefung-wohnmobil-wohnwagen/.